BSV BERN

Tore, Tränen und ein verpasster Titel

Goalie Mathieu Seravalli hielt stark in der Final-Serie.

Der BSV Bern zwingt Kadetten Schaffhausen an den Rand einer Niederlage. Doch Sekunden vor Ablauf der regu­lären Spielzeit gleichen die Ostschweizer aus – und gewinnen in der Verlängerung. Es ist der vorerst letzte Auftritt von Spektakel-Spieler Felix Aellen für den BSV. 

Mit Tränen in den Augen steht Felix Aellen da. Es ist vorbei. Der Traum von der Sensation ist geplatzt. Auch das dritte Spiel gegen Kadetten Schaffhausen verliert der BSV Bern. 0:3 endet die Serie. Doch so brutal die Zahlen auch scheinen – dieser Final war eine Zitterpartie für den Serienmeister aus der Ostschweiz, der mit dem 40:37 gegen die Berner den vierten Schweizer Meistertitel in Folge eintütete. 

Dieses letzte Spiel in Schaffhausen steht stellvertretend für die Dramatik der ganzen Finalserie. Ab dem 1:0 in der 3. Minute durch Felix Aellen bis Sekunden vor Ablauf der 60 Minuten liegt immer der BSV vorne. Die Kadetten können nur drei Mal ausgleichen. In der 13. Minute zum 5:5, in der 17. Minute zum 7:7 und 25 Sekunden vor Ende – zum 33:33 durch den Schweden Kassem Awad. Dabei lagen die Berner noch drei Minuten vor Schluss mit drei Toren vorne!

«Ein brutal harter Entscheid»
Es geht in die Verlängerung – und plötzlich sind die Kadetten am Drücker, plötzlich legen sie vor. Aber die Berner kämpfen sich zurück. 65 Sekunden vor Ende ist es Felix Aellen, der überragende, erst 21-jährige Leader des Überraschungsteams, der von rechts aussen in den Kreis springt. Sein Geschoss trifft den Kadetten-Torhüter Julien Meyer in Gesichtsnähe. Der Schiedsrichter gibt ihm dafür eine Zwei-Minuten-Strafe, Aellens dritte. Rot. Platzverweis.  

«Ein brutal harter Entscheid», findet BSV-Trainer David Staudenmann nach der Partie. Die Kadetten nutzen das Momentum gnadenlos aus. BSV-Dominator Aellen muss zuschauen, wie die Ostschweizer in der letzten Minute davonziehen. Dann kommen die Tränen. 

Ein Abschied ohne Happy End
Es ist Aellens letztes Spiel für den BSV, seinen BSV. Im Sommer wechselt er ­in die Bundesliga zum ThSV Eisenach. Ein letztes Heimspiel in der Mobiliar Arena hätte er sich so sehr gewünscht – und so sehr verdient. Doch statt darum zu kämpfen, ist er am Schluss zum Zuschauen verdammt. «Felix war am Boden zerstört», so sein Trainer David Staudenmann. Schon am Donnerstag letzte Woche hatte Aellen also sein letztes Heimspiel im BSV-Dreiss bestritten. Vor ausverkauftem Haus. 2100 Zuschauende feierten ihre Finalhelden. «Das war gigantisch, eine solche Stimmung an einem BSV-Match, das habe ich noch nie erlebt», sagte Matthias Reverdin nach dem einzigen Final-Heimspiel. Der 34-Jährige ist sportlicher Leiter der Berner und wird zusammen mit Sportchef Guido Frei die Aufgabe haben, den Abgang von Jahrhundert-Talent Felix Aellen zu kompensieren. 

«Fixu war ein Glücksfall»
«1:1 kann man ihn nicht ersetzen», gibt Reverdin zu bedenken. Das könne kein normaler Schweizer Klub. Reverdin: «Fixu war ein Glücksfall. Ein eigener Junior, ein Leistungsträger schon in ganz jungen Jahren, voll integriert.» Selbst ein teurer ausländischer Star könnte die Lücke kaum schliessen. Da nicht garantiert sei, dass dieser mit der Mannschaft so greift, wie Aellen das tat. 

Das aber ist nicht der Plan des BSV. Den Abgang Aellens müsse man mit der Breite auffangen. Mit dem 2-Meter-Riesen Jonas Kalt hat man vom HSC Suhr-Aarau einen Rückraumspieler verpflichtet. Zwei, drei interessante Junge hätten sie zudem in ihren Reihen, so Reverdin. Das Teamgerüst soll ansonsten bestehen bleiben. Ausser dem Abgang von Aellen und dem Rücktritt von Urgestein Simon Getzmann soll es keine grossen Veränderungen geben. 

Handball in der DNA
Ein zentraler Pfeiler bleibt Neo-Cheftrainer David Staudenmann. Erst letzten Sommer übernahm er von Martin Rudin. Aber mit seinem Namen waren Hoffnungen verbunden, grosse Hoffnungen. Denn der Name Staudenmann steht für Erfolg. Den letzten Meistertitel holte der BSV 1985 unter einem gewissen Geri Staudenmann, dem Vater von David. 

Vierzig Jahre später, 2025, stand der BSV wieder im Final. Sensationell im Final, denn mit dem BSV hätte vor der Saison niemand gerechnet. Wenig hat gefehlt und der ganz grosse Coup wäre gelungen. Unter Staudenmann Junior, der noch nicht einmal weiss, ob er 1985 beim letzten Titel mit in der Halle war oder doch eher bei der Grossmutter. 

Handball aber hat er in der DNA – und den BSV trägt er im Herzen. Mit seiner Leidenschaft hat er wesentlich dazu beigetragen, dass diese Mannschaft nicht nur ihr Potenzial abgerufen hat, sondern über sich hinausgewachsen ist. 

Das Herz in der Halle gelassen
«Es tut einfach nur mega weh im Moment», sagt er am Sonntagabend nachdem der Traum platzte. Wenigstens einen Sieg hätten sie verdient. Ein zweites Heimspiel. Ein zweites Mal volles Haus. Staudenmann: «Es hätte viele Mannschaften gegeben, die wären beim Stand von 0:2 nach Schaffhausen gefahren und hätten eine Packung kassiert. Aber diese Jungs haben ihr Herz auf dem Feld gelassen.» 

Auf dem Papier war der Final gegen die Kadetten eine klare Sache. Das Team des Serienmeisters ist mit Nationalspielern unterschiedlichster Herkunft gespickt. Der BSV aber hat gezeigt, was mit harter Arbeit, Überzeugung und einem Quäntchen Glück möglich ist. «Das Handball-Fieber verbreitet sich in Bern im Eiltempo», sagt Matthias Reverdin. 

Kicken, bräteln – und die Sau rauslassen
Handball sei in der Region seit ein, zwei Jahren wieder im Aufwind. Die Erfolge der Nationalmannschaft hätten einen kleinen Handballboom ausgelöst, so Reverdin. «Im Nachwuchs ist die Nachfrage massiv gestiegen», sagt er. Der Erfolg der eigenen Mannschaft werde diese Dynamik weiter stärken, ist er überzeugt. Zumal drei BSV-Spieler (Felix Aellen, Michael Kusio und Goalie Mathieu Seravalli) Teil der Nationalmannschaft sind. 

Die Tränen von Felix Aellen sind getrocknet. Längst dürfte bei ihm und den anderen Spielern der Stolz überwiegen. Der Stolz, eine aussergewöhnliche Saison gespielt zu haben. Schon am Montag trafen sie sich wieder, um ein bisschen zu kicken, dieses dramatische Final gemeinsam zu verarbeiten. Nächste Woche gibt es ein Team-Bräteln, dann die Abschlussreise. «Da sollen sie auch mal ein bisschen die Sau rauslassen», sagt Trainer Staudenmann. Er wird nicht dabei sein, das sei ein Moment, der ganz der Mannschaft gehöre.   

Fotos: Daniel Zaugg

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