IMMOBILIEN-PORTAL

Gegen den Inserate-Giganten   

Die Preise steigen, die Transparenz sinkt – und mit ihr die Geduld. Eine Gruppe Berner Immobilienunternehmen stellt sich gegen die übermächtige Swiss Marketplace Group. Ihr Ziel:
mehr Fairness im digitalen Wohnungsmarkt. Ihr Mittel: ein Plattformwechsel zu Newhome. 

In der Berner Immobilienbranche brodelt es seit Monaten. Nun ist mit einem lauten Zischen Dampf entwichen. Sieben Berner Unternehmen rufen ihre Branchenkollegen im Espace Mittelland und Oberwallis zum Handeln auf: In einem Brief, der an hunderte von Unternehmen in der Region versendet wurde, erklären sie newhome.ch zum bevorzugten Immobilienportal.

Ihr Ziel: Sie wollen ein Gegengewicht schaffen zur marktbeherrschenden Swiss Marketplace Group (SMG), die mit Immoscout24 und Homegate den digitalen Wohnungsmarkt dominiert. Es ist kein Boykott, aber eine bewusste Abkehr. Die SMG nutze ihre Vormachtstellung aus, kritisieren die Initianten. «In den vergangenen fünf Jahren haben sich die Inseratepreise auf den SMG-Portalen ungefähr verdoppelt», sagt Marc Balsiger, Geschäftsführer der Dr.Meyer Immobilien AG (Bild oben). Ein Alternativangebot? Kaum existent.

Preise immer intransparenter
Ein Mail von Marion Rocskai (Bild rechts), versendet an über 800 Immobilienvermarkter, rief im Februar 2025 zur Solidarität auf. Die Branche müsse wieder selbst bestimmen, wie und wo sie inseriere. «In den vergangenen fünf Jahren sind die Kosten für uns jährlich um bis zu 30 Prozent gestiegen», sagt Rocskai. Das habe die SMG jeweils mit dem Ausbau der Dienstleistungen begründet. Aber, so Rocskai: «Am Schluss wusste ich nicht mehr, wofür ich überhaupt bezahlte.»

Die Immobilienmakler und -verwalter kritisieren vor allem die Intransparenz. «In den letzten fünf Jahren wurde das Preismodell dreimal verändert, jedes Mal wurde es meines Erachtens undurchsichtiger», sagt Balsiger – und mit diesem Empfinden ist er nicht allein.

Dazu kommt, dass man bei der SMG pauschal bezahlt – ohne Wahlfreiheit, für die meisten ohne nachvollziehbare Kalkulation. Dienstleistungen lassen sich nicht einzeln buchen, stattdessen gilt das Prinzip: alles oder nichts. Selbst wer nur Immoscout24 nutzen will, muss auch Homegate mitbezahlen – auch wenn dieses Portal in der Region Bern kaum Reichweite erzielt.

Alles für den lukrativen Börsengang
Mit der Einschränkung der Wahlfreiheit, so scheint es, versucht die SMG ihre Marktmacht auch in angrenzenden Geschäftsfeldern auszubauen. Wenigstens setzt sie entsprechende Anreize: Im Bereich Immobilien-Schätzungen gibt es drei bedeutende Bewertungsmodelle, die auch von den Schweizer Banken verwendet werden. Rocskai berichtet, dass im SMG-Paket ein anderes Bewertungstool inbegriffen sei als jenes, mit dem sie arbeiteten – und zwar schon seit Jahren. Aber, so Rocskai: «Man kann die Option nicht abwählen.»

Der Hintergrund: Die SMG plant einen Börsengang. Laut Bloomberg wurden bereits Banken mit der Umsetzung beauftragt, was eine SMG-Sprecherin im März 2025 bestätigte. Der geschätzte Marktwert: rund fünf Milliarden US-Dollar.

Ein Blick zurück zeigt, wie es dazu kam. 2021 fusionierten Immoscout24 und Homegate zur Swiss Marketplace Group. Das Joint Venture ist in prominenter Hand: Die TX Group (u. a. Tages-Anzeiger, Berner Zeitung) hält 31 Prozent, Ringier (u. a. Blick) und die Mobiliar je 29,5 Prozent, das US-Finanzunternehmen General Atlantic die restlichen 10 Prozent. Die SMG, ein wirtschaftliches Schwergewicht mit publizistischem Rückgrat – und digitaler Schlagkraft.

Kein Weg an der SMG vorbei – keiner?
Kein Wunder, dass der Preisüberwacher an seiner Pressekonferenz im März 2025 ankündigte, digitale Plattformen mit «marktmächtiger Stellung» verstärkt ins Visier zu nehmen. Für Balsiger ist das eine klare Bestätigung: «Uns bleibt ja praktisch keine Wahl als einfach immer mehr zu bezahlen, wenn wir die SMG-Reichweite nutzen wollen.»

Tatsächlich führt praktisch kein Weg an den SMG-Portalen vorbei. Auf Nachfrage schreibt die Privera, mit über 550 Mitarbeitenden einer der bedeutendsten Schweizer Immobilienbewirtschafter: «Für eine national tätige Bewirtschaftungsfirma wie Privera gibt es kein Vorbeikommen an den SMG-Plattformen. Wir generieren über diese fast 90 Prozent der Leads.»

Doch die sieben Berner Immobilien-Unternehmen wollen sich aus dieser misslichen Lage befreien und nicht mehr dem Preisdiktat der SMG ausgeliefert sein. Zwar liegt der Marktanteil von Newhome derzeit bei höchstens 15 Prozent – doch das soll sich ändern. Denn: Die Preise bei Newhome sind viermal tiefer als bei der SMG, und die Plattform gehört unter anderem der Branche selbst.

Die Vorteile von Newhome
Gegründet 2012 aus den digitalen Marktplätzen von sechs Kantonalbanken, gehört Newhome heute zu 50 Prozent 19 Kantonalbanken, zu 30 Prozent der Next Property AG (ein Verbund von rund 500 Immobilienunternehmen) und zu 20 Prozent der AXA. Newhome ist quasi ein Portal der Branche für die Branche – ohne Gewinninteressen.

Sollte sich Newhome etablieren, würden davon nicht nur die Immobilienunternehmen profitieren, sondern auch deren Kundinnen und Kunden. Denn die Inseratepreise werden – in der Regel mit kleiner Marge – an die Eigentümerschaft weiterverrechnet. Günstigere Inserate bedeuten tiefere Kosten – für Verwaltungen, Eigentümer und letztlich auch Mieter.

Ein weiterer Unterschied: Newhome gibt keine Nutzerdaten weiter – im Gegensatz zur SMG. Aus deren Datenschutzerklärung geht hervor, dass die Userdaten an die Besitzer-Unternehmen der SMG weitergegeben werden können. Für die Berner Gruppe ist das ein zentraler Punkt: «Wir wollen nicht bei jeder Publikation ein Stück unserer Datenhoheit aufgeben.»

Die Hoffnung? Mehr Selbstbestimmung
Der Weg zu einer starken Alternative ist weit – doch der Wille zum Umbruch ist spürbar. Die Unternehmen investieren Geld und Zeit, um die Sichtbarkeit von Newhome zu steigern. Künftig soll etwa auf verschiedenen Kanälen kommuniziert werden: «Unsere Inserate finden Sie zuerst exklusiv auf newhome.ch.»

Ob dieser Aufbruch gelingt, hängt auch vom Mitziehen weiterer Branchenakteure ab. Noch fehlt das klare Bekenntnis grosser Player wie Wincasa oder Livit. Eine nationale Bewegung ist derzeit nicht absehbar – aber denkbar. Die Hoffnung der Initianten: ein neuer Marktzustand. Einer, der Selbstbestimmung vor Rendite stellt – und Wettbewerb vor Abhängigkeit.

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Foto: Daniel Zaugg

Gegendarstellung

„Gegendarstellung der SMG Swiss Marketplace Group („SMG“) im Sinne von Art. 28gff. des Schweizer Zivilgesetzbuchs:

Die behaupteten, oder zumindest suggerierten flächendeckenden Preiserhöhungen für die SMG-Kundschaft entsprechen nicht den Tatsachen. Beispielsweise sind für viele Kunden die hier gegenständlichen Preise unverändert geblieben oder gesunken. Zudem ist die Aussage, dass es keine Wahlmöglichkeiten gebe und sich Dienstleistungen nicht einzeln buchen liessen, nicht korrekt. SMG bietet auch Basispakete sowie Einzelinserierungsoptionen ohne jegliche Zusatzdienstleistungen an, so dass SMG-Kunden frei sind, solche Optionen zu nutzen und zusätzliche gewünschte Leistungen individuell hinzuzuwählen. Schliesslich ist die pauschale Aussage, dass Preise bei Newhome viermal tiefer als bei SMG seien, falsch. Tatsächlich sind die Preise pro Kontaktanfrage – eine in der Branche gängige Einheit zur Preisbestimmung – bei SMG deutlich günstiger als bei Newhome.“

 

Die Redaktion hält an ihrer Tatsachendarstellung fest.

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