Aline Trede

«Irgendwann wird es repetitiv»

Aline Trede möchte 2026 Berner Regierungsrätin werden. Wieso die 41-jährige Grünen-Politikerin gerade jetzt kandidiert, was sie im Nationalrat nervt und wie sie ihre Wahlchancen einschätzt. 

Aline Trede, was reizt Sie am Amt als Regierungsrätin? 
Ich möchte umsetzen und näher bei den Menschen sein. Ich habe mich lange mit dieser Entscheidung auseinandergesetzt und schlussendlich haben diese Argumente, plus die Möglichkeit, gemeinsam mit den Grünen des Kantons Bern den Regierungssitz wieder zu gewinnen, den Ausschlag gegeben. Auch persönlich ist der Zeitpunkt gut.

Inwiefern? 
Ich bin seit zehn Jahren Nationalrätin, habe manche Hochs und Tiefs erlebt. Die Fraktion befindet sich in einem hervorragenden Zustand, die Fraktionsmitglieder sind stark unterwegs und wir sind ein gutes Team.

Man könnte auch einfach sagen: Sie haben vom Nationalrat die Nase voll. 
(energisch) Nein! Wenn ich Regierungsrätin werden möchte, muss ich jetzt ins Rennen steigen. Wir Grünen müssen unseren Sitz in der Berner Exe­kutive verteidigen und wer 2026 gewählt wird, verbleibt dann die nächsten acht oder zwölf Jahre dort – sofern diese Person wiedergewählt wird.

Nochmals: Es tönt so, als würden Sie vom nationalen Parlament dringend Reissaus nehmen wollen.
Glauben Sie mir: Es gibt vieles, das dort noch zu tun ist. Aber ein Wechsel ist oftmals auch eine Chance, beispielsweise wenn sich, wie im Parlament, die Themen stets wiederholen. Noch bevor ich Nationalrätin wurde, lancierten die Grünen die Anti-AKW-Initiative; ich war eine der treibenden Kräfte. Und heute? Diskutieren wir noch immer über das Gleiche. Irgendwann wird es repetitiv. Zudem politisieren wir Grüne stets in einer Minderheit. Doch ich mag Herausforderungen, darum nein: Ich bin nicht frustriert. 

Sie wären auf Kantonsebene nach wie vor in einer Minderheit. 
Sicher, die politische Ausgangslage wäre eine ähnliche. Und doch könnte ich, wie vorher angesprochen, in der Exekutive umsetzen. Mir ging und geht es stets um Lösungen und Inhalte, nicht um Macht. Geschweige denn um mich selbst. Macht für Themen, die sonst nicht vertreten wären, wie beispielsweise die Klimathematik, für diese setze ich mich hingegen voll ein.

Nennen Sie uns stichwortartig drei Themen, die der Kanton Ihrer Meinung nach dringend anpacken sollte.
An erster Stelle steht die Energiewende. Denn die Energiediskussion ist stark mit der Klimapolitik verbunden.  Zweitens müssen wir einen Green New Deal für den Kanton Bern anstossen. Wir haben in diesem Bereich ein riesiges Potenzial und könnten damit schaffen, dass wir nicht mehr so weit oben in der interkantonalen Finanzausgleichs-Rangliste stehen. Drittens, ganz aktuell, die Frauenfussball-EM: Es darf nicht bei einem Grossevent bleiben und dass wir anschliessend einfach finden: Schön, das wars. Wir müssen diesen Schwung unbedingt mitnehmen. Dem Kanton bietet sich die tolle Chance, zu einem Kompetenzzentrum für nachhaltige Anlässe zu werden. 

Im Tamedia-Interview erklärten Sie, dass Sie im Regierungsrat genau gleich pointiert auftreten wollen wie im Nationalrat. Das widerspricht doch dem Kollegialitätsprinzip.  
Ich wäre bei einer Wahl ja nicht plötzlich eine andere Person. Aline ist Aline – das wissen alle, die mich kennen (lacht). Pointiert zu sein heisst nicht, auf seinem Standpunkt zu beharren. Mit mir zusammenzuarbeiten, ist sehr einfach. Ich arbeite über Parteigrenzen hinweg immer an Lösungen. Und oftmals funktionierts.

Das müssen Sie etwas genauer ausführen. 
Bei mir ist jeder und jedem klar, woran sie oder er ist. Ich komme politisch Andersdenkenden entgegen und bin kompromissbereit – sofern es die andere Seite ebenfalls ist, finden wir Lösungen. Philippe Müller oder Christoph Neuhaus treten auch pointiert auf und halten sich dennoch ans Kollegialitätsprinzip. 

Welche wäre denn Ihre Wunschdirektion?
Inhaltlich und persönlich am nächsten steht mir logischerweise die Energiedirektion mit den Umwelt- und Wirtschaftsthemen, also jenes Departement, das Christoph Ammann derzeit innehat. Thematisch am weitesten entfernt wäre wohl die Gesundheitsdirektion. Aber ich würde mich bei einer Wahl in jedem Departement mit voller Energie einsetzen.

Nehmen wir an, Sie erhielten die Bau- und Verkehrsdirektion. Dann müssten Sie Anliegen vertreten, die Ihnen zutiefst zuwider sind. Stichwort: Ausbau Autobahnknoten Wankdorf. 
Ein Drittel des CO2-Ausstosses in der Schweiz stammt von der Mobilität. Wir können nicht einfach dauernd mehr Strassen bauen, nur weil es mehr Autos hat. Wir brauchen intelligente Lösungen, zudem sollten wir die Abhängigkeit der Bevölkerung vom Auto reduzieren. Leider ist die Debatte immer sehr emotional und die Fronten sind teils verhärtet. Aber wie erwähnt fürchte ich mich kaum vor emotionalen Diskussionen, Dialog ist das A und O. Ich versuche stets, Widerstände zu verstehen und Lösungen zu finden. 

Wie schätzen Sie Ihre Chancen ein, nächstes Jahr Nachfolgerin von Christine Häsler zu werden? 
Die parteiinternen Nominationen erfolgen am 27. August. Aktuell haben vier Grüne, plus Cyprien Louis für den Jurasitz, ihr Interesse an einer Kandidatur bekundet, das ist super. Falls ich ins Rennen steigen darf, gebe ich natürlich Vollgas. Priorität hat, den grünen Berner Regierungsratssitz zu verteidigen. Es ist uns wichtig, in der Exekutive vertreten zu sein, das sehe ich auf nationaler Ebene. Mittlerweile sitzt mit Bundeskanzler Viktor Rossi sogar die GLP im Bundesratszimmer – bloss wir bleiben aussen vor. Deswegen sollte es stets unser Ziel sein, die Exekutiven möglichst stark und divers zu besetzen.

Sie haben die Women’s Euro angesprochen: Wie weit schaffen es die Schweizerinnen an der Heim-EM? 
Die Nati hält es wie wir Grünen bei Wahlen: Wenn es drauf ankommt, ist sie parat (lacht laut). Ich hoffe, dass sie in den Viertelfinal kommen und in Bern spielen werden.

Essen Sie eigentlich noch immer Ihre geliebten Cervelats? 
Selbstverständlich! Wie immer nur, wenn ich weiss, woher sie stammen.

Foto: Daniel Zaugg

Aline Trede

PERSÖNLICH

Aline Trede, geboren 1983 in Bern, ist Nationalrätin und Fraktionschefin der Grünen. Sie steigt ins Rennen um die Nachfolge der abtretenden grünen Regierungsrätin Christine Häsler – die Wahlen finden am 29. März 2026 statt. Aline Trede hat zwei Kinder und wohnt in Bern.

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