Melanie Mettler

«Es hat auch wehgetan»

Seit Anfang Jahr ist Melanie Mettler Berner Finanzdirektorin. Wie es sich als Grünliberale unter lauter Linken lebt, wie sie den roten Budgetzahlen an den Kragen will und wofür sie selbst am meisten Geld ausgibt. 

Melanie Mettler, Sie sind nun rund ein halbes Jahr Berner Gemeinderätin. Wie haben Sie sich eingelebt?
Es ist ein riesiges Privileg, der Direktion für Finanzen – inklusive städtischer Wohnbaupolitik –, Personal und Informatik vorzustehen. Ich übernahm ein Team, das sehr dienstleistungsorientiert arbeitet und fachlich top aufgestellt ist. Zudem verlief die Übergabe fair und transparent. Insgesamt kann ich sagen: Es ist eine wahre Freude! 

Sie traten Ende März als Nationalrätin zurück. Vermissen Sie den Betrieb?
Eigentlich kaum. Ich habe zwölf Jahre lang Parlamentsarbeit betrieben und dies unglaublich gerne, ich kam damals schnell im Bundeshaus zurecht und konnte Gesetzgebungsprojekte prägen … doch jetzt habe ich mich enorm auf den Rollenwechsel gefreut. In der Exekutive lässt es sich viel direkter politisch gestalten. 

Die NZZ schrieb Anfang Jahr: «Man weiss nicht, ob man Melanie Mettler beglückwünschen oder bemitleiden soll.» Es ist eine Anspielung darauf, dass Sie die einzige halbwegs bürgerliche Politikerin im Berner Gemeinderat sind.
Ich möchte kurz korrigieren: Ich bin nicht «halbwegs bürgerlich», ich bin eine Zentrumspolitikerin (schmunzelt). Und ja: Man darf mich durchaus beglückwünschen. Ich kenne das ja, aus einer Minderheit heraus Überzeugungsarbeit zu leisten. Im Gemeinderat funktioniert das ähnlich. Schliesslich verbindet uns fünf, dass wir für Bern das Beste wollen. 

Tönt so, als würden Sie sich mit Ihren neuen Kolleginnen und Kollegen prächtig verstehen. 
Wir haben eine gute Gesprächskultur, es wird einander zugehört. Der Respekt ist vorhanden. Allerdings ist der demokratische Ideenwettbewerb natürlich eingeschränkt, wenn ein beträchtlicher Teil der Berner Stimmbevölkerung nicht in der Regierung vertreten ist. Sitzen fünf Leute an einem Tisch und vier davon vertreten im Grundsatz die gemeinsame Haltung eines inhaltlichen Bündnisses, ist die Ausgangslage eine andere, als wenn das Verhältnis drei zu zwei lauten würde.

Das heisst, SP, Grünes Bündnis und GFL denken quasi deckungsgleich? 
Auf Ebene der einzelnen politischen Geschäfte würde ich das so nicht bestätigen. Ich meine eher die Weltanschauungen, die eine Person mitbringt und das Umfeld, das einen prägt. Als Zentrumspolitikerin im Parlament habe ich immer sowohl mit dem linken als auch mit dem rechten Brückenpfeiler den Dialog gesucht und danach eine Lösung vorgeschlagen, die die Anliegen von beiden Seiten abdeckt. Das ist mein Verständnis einer politischen Brückenbauerin in einer Demokratie, die für den Zusammenhalt auf Kompromisse baut. Nun fehlt in der Regierung einer der beiden Brückenpfeiler. 

Fühlen Sie sich denn auch als eine Art Opposition in diesem Fünfer-Gremium? 
Moment: Ich bin ein gewähltes Regierungsmitglied und betreibe keine Opposition! Ich gestalte mit. 

Wie nehmen Sie die Konstellation im Stadtrat wahr? Bei den Wahlen im November rückte das Parlament insgesamt noch weiter nach links. 
Zu meiner Zeit als Stadträtin von 2013 bis 2019 war das Verhältnis wohl noch ausgewogener. Subjektiv würde ich sagen, es habe damals mehr Austausch, mehr Ideenwettbewerb stattgefunden, weil man stärker aufeinander angewiesen war, Mehrheiten zu schaffen. 

Sie präsentierten Mitte letzter Woche nach jahrelangen Defiziten für 2026 ein kleines Budget-Plus. Eine echte Kehrtwende! 
Es soll zumindest ein erster Schritt hin zu einer nachhaltigen Finanzpolitik sein. Die Zusammenarbeit mit den zuständigen Kommissionen verlief bis jetzt äusserst positiv. Im Herbst wird dann der Stadtrat darüber debattieren. 

Ihre Amtszeit begann mit dem sogenannten «Beschaffungsdebakel». Seither lief alles rund?
(überlegt kurz) Natürlich hätte ich zu Beginn lieber kommuniziert, dass es auf dem Viererfeld schneller vorwärtsgeht als geplant, anstatt langsamer. Doch solche Dinge gehören dazu. Das ist abgehakt. 

Ist die Finanzdirektion bei der GLP besser aufgehoben als bei der SP?
Aus meiner Sicht schon, ich bin ja eine Grünliberale (lacht laut). Im Ernst: Ich habe eine grünliberale Vorstellung einer nachhaltigen Finanzpolitik und werde probieren, meine Akzente zu setzen. Das Budget, das wir nun vorlegen, kam aber bloss zustande, weil jede und jeder im Gemeinderat mitgearbeitet und in der eigenen Direktion mit der Verwaltung Budgets gestaltet hat, die den strategischen Zielen des Gesamtgremiums entsprechen. Das ist ein gemeinsamer Effort, den ich würdigen will. Trotzdem hat es auch wehgetan.

Was meinen Sie genau?
Als Gemeinderätinnen und Gemeinderäte tragen wir zwei verschiedene Hüte: Wir sind als Gremium für die gesamtstädtischen Finanzen zuständig. Andererseits kämpfen alle als Zuständige ihrer Direktion um deren Mittel. Das in eine Balance zu bringen, ist anspruchsvoll. 

Wo sollte Bern in nächster Zeit dringend investieren?
Die Stadt hat für die nächsten Generationen ihren eigenen Wert zu erhalten. Eine Brücke muss nach einer bestimmten Zeit saniert werden, logisch, und dafür muss zwingend Geld vorhanden sein. Daneben benötigt es Investitionen ins Wachstum. Und schliesslich werden auch Investitionen in den Konsum getätigt – wenn irgendwo Handlungsspielraum existiert, dann wahrscheinlich am ehesten dort. 

Welche teuren Ausgaben sind in Ihrem privaten Budget für dieses Jahr geplant? 
Am meisten Geld gebe ich jedes Jahr für die Parteifinanzierung aus (lacht).

Foto: Daniel Zaugg

Melanie Mettler dz 13

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