Wer soll den Mindestlohn festlegen, die Politik oder die Sozialpartner? Am Parlamentarieranlass der Stammgruppe Ausbau und Gebäudehülle wurde darüber diskutiert, ob kantonale Mindestlöhne künftig weiterhin über die Löhne in branchenweit geltenden Gesamtarbeitsverträgen hinausgehen dürfen.
Parlamentarierinnen und Parlamentarier sowie Branchenvertretende diskutierten über die geplante Anpassung des Bundesgesetzes zur Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen (AVEG). Ziel des Anlasses war es, seitens Baugewerbe aufzuzeigen, warum kantonale Mindestlöhne diejenigen in allgemeinverbindlich erklärten GAV zukünftig nicht mehr übersteuern dürfen. Denn dies, so waren sich die Branchenvertretenden einig, stelle eine Gefährdung der seit Jahrzehnten gut funktionierenden Solzialpartnerschaft dar.
SP-Nationalrat Cédric Wermuth kritisierte allerdings: In teuren Kantonen wie Genf reichten GAV-Mindestlöhne nicht mehr aus, um die Lebenshaltungskosten zu decken. Ein kantonaler Mindestlohn sei deshalb gerechtfertigt. SVP-Nationalrätin und selbst auch Unternehmerin Diana Gutjahr hielt dagegen, die Verantwortung für steigende Lebenshaltungskosten liege bei der Politik, nicht bei den Arbeitgebern. Zudem dürfe der Mindestlohn nicht isoliert betrachtet werden – er sei nur ein Teil eines umfassenden GAV-Vertragswerks. Peter Meier von AM Suisse gab zudem zu bedenken, dass in einem GAV gerade auch die Thematik der Grenzgänger berücksichtigt werden könne, was bei einem kantonal definierten Mindestlohn wegfallen und zu mehr Schwarzarbeit führen würde.
Die Motion von Ständerat Erich Ettlin sieht deshalb vor, den AVEG anzupassen, so dass Bestimmungen in einem GAV allgemeinverbindlich werden. Dadurch werde die Rechtsunsicherheit behoben und die bewährte Sozialpartnerschaft gestärkt. Die Stammgruppe Ausbau und Gebäudehülle begrüsst deshalb die vorgeschlagene Gesetzesänderung.
Die Stammgruppe repräsentiert alle Gewerbe, die sich um den Innenausbau und die Gebäudehülle kümmern. Darunter fallen beispielsweise Gebäudetechniker, Metallbauerinnen, Maler, Gipserinnen, Elektriker, Holzbauerinnen, Schreiner und viele weitere. Insgesamt werden im Bereich Ausbau und Gebäudehülle über 160 000 Arbeitnehmende beschäftigt sowie mehr als 30 000 Lernende ausgebildet.
Foto: Neel Nowotny