Thunerseespiele

Kindheitstraum mit Seeblick

Mit ihren Eltern hat Lesley Zellweger regelmässig die Thuner Seespiele besucht. Nun steht die Musicaldarstellerin selbst auf dieser Bühne.

Zwischen Baugerüsten und Bergkulisse bereitet sich Lesley Zellweger auf einen Sommer voller Musik, Emotionen und Erinnerungen vor. Zum ersten Mal steht sie auf jener Bühne, die sie seit ihrer Kindheit kennt, als festes Ensemble-Mitglied in «Der Glöckner von Notre Dame».

«Ah cool, die Glocke!», sagt Lesley Zellweger, als wir an einem sonnigen Nachmittag Anfang Juni die Seebühne – oder das, was bereits von ihr steht – betreten. Die Musicaldarstellerin ist erstmals in diesem Jahr hier vor Ort und blickt fasziniert zu den laufenden Bühnenarbeiten. Noch sieht man vor allem das Gerüst: wie ein Skelett ragt es vor den mächtigen Bergen der Jungfrauregion in den Himmel. Wenn die Bühne fertig ist, wird sie sich perfekt in die Szenerie mit dem echten Hintergrund fügen. Die Anforderungen an diese Bühne sind denn auch hoch – sie muss nicht nur für die Musicaldarstellenden sicher, sondern auch wetterbeständig sein. Zudem sind alle Zusatzräume wie Maske, Garderobe, Büros und Technik unter der Bühne platziert und müssen mittels Treppen erreicht werden können. Am Aufbau beteiligt sind diverse Bauunternehmen und wie wir sehen können, wird zurzeit fleissig gearbeitet. Wie auch für das Stück, das momentan in der Curlinghalle geprobt wird. Seit Ende Mai sind die Darstellerinnen und Darsteller fast täglich am Üben.

Vom Traum zur Realität
Wir treffen Lesley Zellweger in einer Probepause. Die Thunerin kennt die Seebühne und ihre Stücke schon seit sie denken kann. «Mit meinen Eltern habe ich fast jede Aufführung hier besucht.» Und ja, wie so viele Mädchen habe auch sie als Kind Musicaldarstellerin werden wollen. Entschieden hatte sie sich dann aber doch für das Studium der Kommunikationswissenschaften an der Uni in Fribourg. «Dennoch hat mich die Seebühne nie ganz losgelassen. Zuerst habe ich während meines Studiums drüben im Gastrozelt gearbeitet. Durch Zufall kam ich dann in den Chor der Seespiele und war so schon 2016 bis 2018 bei ‘Sugar’, ‘Cats’ und ‘Mamma Mia’ hautnah, aber hobbymässig mit dabei. Und dabei erwachte der Wunsch, wirklich auch einmal als Darstellerin auf dieser Bühne zu stehen», erzählt Lesley Zellweger. «Nach meinem Studienabschluss dachte ich deshalb: Wenn nicht jetzt, wann dann? Und so liess ich mich an der Hamburger Stage School zur Musical-Darstelle­rin ausbilden.» Was fasziniert sie denn am Genre Musical? «Ich finde die Kombination aus Schauspiel, Tanz und Gesang absolut faszinierend. Man hat hier eine weitere Dimension: Wenn gesprochene Worte nicht mehr ausreichen, übernimmt der Gesang. Das finde ich grossartig!» Nach ihrem Abschluss in Hamburg war sie bereits bei mehreren grösseren Produktionen mit dabei, dieses Jahr nun steht sie erstmals als festes Ensemble-Mitglied auf der Thuner Seebühne. Entsprechend gross ist ihre Freude: «Das wird schon sehr speziell sein, vor heimischem Publikum spielen zu dürfen und zu wissen, dass unter den gut 2500 Zuschauenden auch viele Freunde von früher dabei sein werden!»

Fast 800 Bewerbungen
Vorerst aber heisst es noch proben, proben, proben. In der Thuner Curlinghalle wurde eine Fläche von der Grösse der Seebühne aufgezeichnet. Die Auf- und Abgänge, die es dann auf der Bühne haben wird, sind als Vierecke markiert. «Wir zählen dann einfach still auf zum Beispiel fünf und hoffen, dass wir auf der echten Bühne dann auch in fünf Sekunden die Treppe hinaufgestiegen sind… aber wir werden dann auf der richtigen Bühne sehen, ob das wirklich so passt!», erklärt Zellweger. Bereits haben sie eine Woche musikalische sowie zwei Wochen szenische und choreografische Proben in der Curlinghalle absolviert. Nach einer dritten Woche dort geht es dann auf die Seebühne, wo nochmals drei Wochen geprobt wird. «Darauf freue ich mich sehr, obwohl ich den gesamten Prozess liebe, wenn sich Stück für Stück zu einem Ganzen zusammenfügt. Im fertiggestellten Bühnenbild auf der Bühne zu proben, ist aber schon etwas ganz Besonderes», fügt sie an und ihre Augen leuchten. «Dieser Beruf braucht sehr viel Leidenschaft und auch Durchhaltewillen. Denn der Teil auf der Bühne ist nur ein Bruchteil vom Job.» Tatsächlich hatten sich auf die 25 Profirollen für «Der Glöckner von Notre Dame» rund 800 Schauspielende beworben. Und auch für Lesley Zellweger geht der Bewerbungsprozess für andere Produktionen stetig weiter. «Kaum hat man ein Engagement bekommen, muss man sich eigentlich auch schon für das nächste umschauen», sagt sie und gibt zu, dass dies manchmal auch etwas belastend sei, die Ungewissheit, wie und wo es weitergeht. «Aber das gehört halt zu diesem Beruf und man lernt, damit umzugehen.» Um etwas Sicherheit in finanzieller Hinsicht zu haben, ist Lesley Zellweger deshalb nebenbei auch noch als Sprecherin tätig. Ihr Fokus liege aber ganz klar auf den Brettern, die momentan ihre Welt bedeuten. 

Aktuelle Thematik
Was gefällt ihr denn am «Glöckner von Notre Dame» ganz besonders? «Das Musical behandelt eine Reihe zeitloser gesellschaftlicher Themen. Trotz der märchenhaften Fassade sind Ausgrenzung, Diskriminierung, Machtmissbrauch, religiöser Fanatismus, soziale Gerechtigkeit und Identität zentrale Motive der Handlung. Damit ist das Stück, obwohl von Victor Hugo bereits 1831 geschrieben, überraschend aktuell», findet Lesley Zellweger. 

Sie hat insgesamt vier Rollen inne: Sie ist eine der Fremden, eine des Pariser Volkes, sie spielt eine Prostituierte und ist auch Erzählerin oder Geistliche. Somit wechselt sie auch viermal ihr Kostüm. Wobei ihr dasjenige als Fremde während der Gauklerszene

am besten gefällt: «Es ist so schön farbig und fröhlich.» Es ist diese Kombination, die Lesley Zellweger fasziniert: «Obwohl sehr schwere Themen behandelt werden, ist es Regisseur Dominik Flaschka gelungen, eine positiv berührende Geschichte auf die Bühne zu bringen, die von der grossartigen Musik des Komponisten Alan Menken umrahmt wird.» Das Publikum werde also einen unvergesslichen Musical-Abend erleben, sich aber dennoch die Frage stellen, wer denn der wahre «Unmensch» sei, der äusserlich entstellte Quasimodo oder der innerlich verdorbene Frollo? 

Der Glockenturm ist inzwischen fast fertig aufgebaut. «Für den Glöckner Quasimodo sind die Glocken in der Notre-Dame mehr als nur Instrumente – sie sind seine Familie, seine Stimme und sein Zuhause», erklärt Lesley Zellweger. Deshalb auch werden sie auf der Thuner Seebühne optisch eine zentrale Rolle spielen. Mit einem letzten Blick auf die Bühne macht sich die Musicaldarstellerin auf den Weg zurück zur Probe. Bald schon, am 9. Juli, heisst es dann: Bühne frei für den «Glöckner von Notre Dame».

Foto: Daniel Zaugg

DJK 0259
Hier proben sie noch in der Thuner Curlinghalle, schon bald gehts auf die Seebühne.

INFO

DER GLÖCKNER VON NOTRE DAME
Vom 9. Juli bis 23. August 2025 bringen die Thunerseespiele das international erfolgreiche Disney-Musical «Der Glöckner von Notre Dame» an den Thunersee.

Im Zentrum steht Quasimodo, der im Glockenturm der Pariser Kathe­drale aufwächst – einsam, ausgestossen, behütet vom grausamen Frollo. Als er beim Fest der Narren auf die mutige Esmeralda trifft, beginnt für ihn eine Reise voller Liebe, Mut und Menschlichkeit. Eine berührende Geschichte mit grossen Emotionen, eindrücklicher Musik und einem unvergesslichen Finale.

Verlosung:
Mit dem BärnerBär an die Thunerseespiele – wir verlosen 2 Tickets für den  Mittwoch, 23. Juli 2025, «Der Glöckner von Notre Dame»

Hier ganz einfach mitmachen: wettbewerb

PERSÖNLICH

Lesley Zellweger
Die gebürtige Thunerin schloss 2023 ihre Musicalausbildung in Hamburg ab und sammelte bereits währenddessen Bühnenerfahrung im First Stage Theater – unter anderem in der grossen Weihnachtsshow und der Jubiläumsgala.

Nach dem Abschluss war sie dort in Sister Act als Ensemblemitglied und Cover Mary Lazarus zu sehen. Es folgten Tourneen durch Deutschland und Österreich mit
Jekyll & Hyde sowie der 20er-Jahre-Show The Musical Sound of Glamour. Zuletzt spielte die 29-Jährige in Pinocchio und Hans im Glück am Hoftheater Ottensen in Hamburg.

Bereits 2016 bis 2018 stand sie im Chor auf der Thuner Seebühne – und freut sich, dieses Jahr erstmals als Darstellerin zurückzukehren.

Flüstere dem Bär etwas.

In der Flüstertüte berichtet der BärnerBär immer wieder über Gerüchte aus der Hauptstadt. Du hast etwas gesehen oder gehört, von dem der Bär wissen sollte? Hier kannst Du es ihm flüstern!

Name und E-Mail-Adresse benötigen wir nur zur Korrespondenz. Diese Angaben werden wir nie veröffentlichen.

Bitte aktiviere JavaScript in deinem Browser, um dieses Formular fertigzustellen.
Name
Klicke oder ziehe Dateien in diesen Bereich zum Hochladen. Du kannst bis zu 2 Dateien hochladen.
Laden Sie bis zu zwei Bilder zu Ihrer Meldung hoch.

Unterstützen Sie den BärnerBär!

Für Ihre freiwillige Spende danken wir Ihnen herzlich!