Rechts, gleich beim Eingang, hängt ein unterschriebenes YB-Shirt eines dankbaren Spielers. Gerade im Spitzensport ist eine ausgezeichnete sportmedizinische Behandlung von grosser Wichtigkeit. Thomas-Oliver Schneider und Mara Büchner von der Kniechirurgie Bern sind beides Fachärzte für medizinische Orthopädie und teilen auch ihre Leidenschaft für
den Fussball.
Es ist bereits nach 17 Uhr, als wir Mara Büchner und Thomas-Oliver Schneider in den Praxisräumlichkeiten der Kniechirurgie Bern in Bümpliz treffen. Oft kommt es nicht vor, dass die beiden Zeit haben, gemütlich an einem Tisch zu sitzen. Denn die Terminkalender der beiden sind randvoll.
Grösste Erfahrung mit Mako-Operationen
Kein Wunder, ist doch die Kniechirurgie Bern ein internationales Referenzzentrum für Knieverletzungen und mit über 800 Eingriffen am Kniegelenk pro Jahr eine der grössten Spezialpraxen der Schweiz, welche sich ausschliesslich mit der operativen Behandlung von Erkrankungen und Verletzungen des Kniegelenks beschäftigt. Hier werden Privatpatienten aus der ganzen Schweiz behandelt. Zusammen mit Partnern des Berner Prothetikzentrums BPZ setzen sie zudem seit 2018 – als erste Orthopäden in der Schweiz – die roboterassistierte Operationstechnik Mako zur schonenden Implantation von Knieprothesen ein. «Der Vorteil dieser Technik liegt insbesondere in der Präzision, wie sie nur ein Roboter hinbekommt», erklärt Schneider. «So können auch die Bänder exakt gleich lang eingestellt werden, was man manuell nicht so präzise hinbekommt. Und als ganz grosses Plus ist die daraus resultierende, schnellere Rekonvaleszenzzeit anzufügen.» Bereits über 3000 solcher roboterassistierter Knieprothesen haben die beiden Zentren eingesetzt und verfügen in der Schweiz damit über die grösste Erfahrung mit dieser noch jungen Technik. «Früher waren die Menschen froh, dass sie endlich wieder einigermassen schmerzfrei gehen konnten. Heute ist es sogar möglich, wieder sportlich aktiv zu sein. Die Fortschritte sind also riesig», sagt Schneider begeistert.
Gerissene Kreuzbänder
Zu den häufigsten Verletzungen des Kniegelenks gehören allerdings nach wie vor Kreuzbandverletzungen. «Die Behandlung im Falle eines Kreuzbandrisses orientiert sich einerseits am Alter des Patienten, andererseits an seinen persönlichen Ansprüchen ans Knie», erklärt der Facharzt. «Unser Ziel ist es, die jeweils optimale, und bei weitem nicht immer operative, Versorgungsvariante zu wählen», sagt Schneider. Bei älteren Personen ohne intensive sportliche Aktivität oder entsprechende körperliche Anforderung im Beruf bietet sich eine konservative, also nichtoperative Behandlung an. Profisportler hingegen kommen oft sofort unters Messer. Als Vertrauensarzt Knie des BSC Young Boys ist Schneider auch für die operative Versorgung aller akuten Knieverletzungen der Profisportler verantwortlich. «Nach einer Verletzung gibt es das sogenannte ‹Lucky Window›, das rund eine Woche dauert», erklärt der Spezialist. «Wenn man es schafft, vor Eintritt der Entzündungsphase mit der richtigen Behandlung zu beginnen, kann man am Ende einige Tage rausholen, was gerade im Spitzensport enorm wichtig ist.»
Teamärztin der BSC YB Frauen
Mara Büchner nickt, auch sie hat täglich mit Spitzensportlerinnen zu tun, ist sie doch Teamärztin der BSC YB Frauen. Während im Männer-Spitzenfussball Teamärzte längst an der Tagesordnung sind, ist das bei den Frauen noch nicht überall selbstverständlich. Mara Büchner steht nun seit gut einem Jahr bei den YB Frauen an der Bande. Ihre Rolle sei dabei weit mehr, als nach Fouls mit Verbandszeug aufs Spielfeld zu laufen, um ein schmerzendes Knie zu vereisen, erklärt die Ärztin. «Während des Spiels heisst es für mich vor allem auch, die Spielsituation sehr genau zu beobachten. Aus der Art und Weise, wie ein Foul passiert, kann ich bereits Rückschlüsse auf die mögliche Verletzung ziehen und entsprechend handeln.» Funktionstests, die richtigen Handgriffe, Bewusstseinschecks: «Man hat auf dem Weg zur Spielerin eigentlich immer schon ein Gefühl dafür, ob etwas passiert ist oder nicht.»
Vertrauen und Verständnis
Aufgabe der Teamärztin ist insbesondere auch das vertrauensvolle Verhältnis zu den Spielerinnen. «Die besondere Herausforderung besteht darin, die Interessen der Trainerin und der Spielerinnen im Sinne des Team-Erfolgs im Gleichgewicht zu halten», sagt Büchner. «Es gibt im Profifussball immer wieder Muskelverletzungen, die nicht so ausheilen, wie gewünscht. Normalerweise würde man sagen, man muss der Sache Zeit geben, aber diese Zeit ist schlicht nicht da. Der Druck auf die Spielerinnen ist enorm und die Angst, nicht mehr aufgestellt zu werden ebenfalls. Da gilt es, mit viel Feingefühl zu vermitteln. Essenziell ist dabei, dass mir sowohl Spielerinnen als auch Trainerinnen vertrauen und wissen, dass ich für beide Seiten nur das Beste will.» Dabei hilft, dass sie selbst einmal Fussball gespielt hat. «Fussball hat mich schon immer interessiert, aber meine Talente liegen definitiv nicht dort», sagt sie lachend. «Aber es hilft mir fürs Verständnis der auftretenden Probleme.» Auch dass die YB Frauen eine Teamärztin wollten, versteht Mara Büchner sehr gut. «Frauenspezifische Themen sind bei einer Ärztin sicher besser aufgehoben und können leichter angesprochen werden», ist sie überzeugt.
Frauen im Spitzensport
Denn Frauen und Männer haben im Spitzensport andere körperliche Herausforderungen, sagt Büchner. Gerade das Thema der Menstruation und der Auswirkungen des Hormonspiegels einer Frau sollten deshalb bei der Trainingsplanung mitberücksichtigt werden. «Zumindest bei den individuellen Trainings. Denn je nach Zyklusphase ist die Sportlerin einem erhöhten Verletzungsrisiko ausgesetzt», erklärt die Ärztin. «Um den Eisprung herum weisen die Bänder beispielsweise eine geringere Stabilität auf und damit sind auch die Gelenke weniger stabil.» Deshalb gelte es hier, den richtigen Moment für den Kraftaufbau oder eine Ruhephase zu finden. Und wie der diesjährige Meistertitel der YB-Frauen eindrücklich zeigt, gelingt ihr das mit Erfolg. Mara Büchner ist hier in der Kniechirurgie Bern auch die Leiterin der Abteilung «Frau und Sport», eine ideale Symbiose zwischen Wissenschaft und ihren Erfahrungen bei und mit den Fussballspielerinnen.
Immer erreichbar
Teamärztin Mara Büchner ist rund um die Uhr für «ihre» Spielerinnen erreichbar – auch dann, wenn sie parallel dazu ihrem zweiten Arztberuf in der Kniechirurgie Bern nachgeht. Ein aussergewöhnliches Pensum, selbst für eine Medizinerin. Doch sie sagt lächelnd: Doch Mara Büchner meint lächelnd: «Ich bin leidenschaftlich gerne Teamärztin. Die Entschädigung dafür ist zwar klein, aber die Wertschätzung umso grösser. Und das ist, was für mich zählt.»
Das nächste grosse Highlight in ihrem vollen Terminkalender kommt schon bald: Die Frauen-Fussball-EM in Bern. Mara Büchner wird als Medical Liaison Officer dafür sorgen, dass alle Spielerinnen, die sich an der EM verletzen, gut und schnell behandelt werden. Dabei hilft ihr das grosse medizinische Netzwerk. Obwohl natürlich alle hoffen, dass möglichst niemand verletzt wird, ist es beruhigend zu wissen, dass sie im Fall der Fälle in den besten Händen sein werden.

Foto: Daniel Zaugg